High Noon am Mopro-Regal

Wer einen Mini-Sprachhelden mit zum Einkaufen nimmt, ist selber schuld. Leider kann man sich das nicht immer aussuchen. Kleine Betreuungs- und Spielecken bei den Edekas, Tengelmännern und ALDIs dieser Welt wären für diese vermutlich ein einträgliches Kundenbindungsinstrument. Da diese aber nicht von allein darauf kommen, sollten wir hier auf mini-sprachhelden.de mal eine Petition starten. Aber das ist heute nicht unser Thema. Heute geht es vielmehr um das Einkaufen mit kleinen Rabauken. Ein weites Feld, findet Ihr nicht?

Großeinkauf oder Milchkühe im Gartenhäuschen

Neulich war es wieder so weit. Ich musste dringend ein paar Besorgungen für die liebe Familie erledigen. Schließlich haben wir pro Woche einen Milchverbrauch, dass es wahrscheinlich rentabel wäre, sich ein oder zwei Kühe im Gartenhäuschen zu halten.

 

Ich packe also die Kleine ein und wir fahren los. Der Hürdenlauf beginnt noch auf dem Parkplatz. Während ich einen großen Einkaufswagen nehmen möchte, rennt Zerg Nase mit seinen vier Jahren zielsicher auf die Kindereinkaufswägen zu. Na gut, denke ich mir, wenigstens haben die neuen Kindereinkaufswägen einen Griff für die Eltern weiter oben, so dass ich beim Mitschieben nicht eine Figur wie der Glöckner von Notre Dame mache.

 

Nach dem ersten Parcour durch die Obst- und Gemüseabteilung, bei der ich gerade noch ihren Griff zu den gespritzen spanischen Winter-Erdbeeren verhindern kann, landen wir am Molkereiprodukteregal. Mopro heißt das wohl in Fachkreisen. Der kleine General steuert zielgerichtet wie ein Torpedo die bunte Mitte des Regals an, wo all das kinderverführende Teufelszeug und Zuckerwerk unserer lieben Lebensmittelindustrie steht. Der Finger zeigt auf eine knallbunte Joghurt-Packung. Der Gesichtsausdruck: erwartungsvoll lächelnd.

Der kleine General steuert wie ein Torpedo die knallbuntesten Joghurts an

Mir schwant, dass es wieder mal auf einen Gladiatorenkampf hinausläuft.

Ich versuche zunächst die Psychoschiene: "Du weißt doch noch, was Papi gesagt hat, oder?

Sie: " Nö, was denn?"

Ich: " Na, er hat Dir doch erklärt, dass nicht wichtig ist, wie schön und bunt die Verpackungen sind, sondern was drin ist, oder?"

Noch während ich erkläre, schiebe ich den Einkaufswagen unauffällig Richtung Ende des Regals, wo die Bio-Produkte residieren.

Ich: "Schau mal, hier sind die leckeren Sachen. Die hier sind auch noch gesund, da darfst Du Dir aussuchen, was Du möchtest."

 

Ich kann den missmutigen Blick des Generals förmlich auf meiner Haut brennen spüren, bevor er den Wagen wieder zu den quietschigen Mopro-Produkten mit den vielen E-Zusätzen zurückschiebt.

 

Sie: "Also Mama, die hier sind aber doch viel leckerer, ich will genau diesen hier haben" und deutet auf irgendsoein schillerndes Smartie-Dings.

Wo kleine Mini-Sprachhelden schnell zum Pistolero werden: am Mopro-Regal.
Wo kleine Mini-Sprachhelden schnell zum Pistolero werden: am Mopro-Regal.

Psychoduell wie in 'Zwöf Uhr mittags' - nur eben im Supermarkt

Ich wende eine neue Kriegslist an: "Aber guck mal hier...", sag' ich einlullend, während ich den Wagen wieder so unauffällig wie möglich in Richtung Bio-Regal schiebe. Mit großem Enthusiasmus fahre ich fort: "...wow, da ist ja ein Rosenblütenjoghurt, der hat Dir das letze Mal doch sooo gut geschmeckt."

 

Fünf Sekunden Totenstille, die zu einer kleinen Ewigkeit werden. Ich komme mir vor, wie im Film "Zwölf Uhr mittags", draußen vor dem Saloon, und jetzt fehlt nur noch die Melodie von "Spiel mir das Lied vom Tod" aus den Lautsprechern des Supermarktes. Der laufende Meter schleicht auf Katzenpfoten zurück, diesmal ohne Einkaufswagen.

Sie: "Mami, ich will aber unbedingt diesen Joghurt hier!". Leichte Schweißperlen bilden sich ob dieses Psychoduells auf meiner Stirn. Vor meinem geistigen Auge sehe ich das Gesicht meines Mannes, wenn ich diesen Joghurt mitnähme. Nein, das will ich mir nicht auch noch antun.

 

Ich mime nochmal den Harten Hund und lege ein wenig Stahl in meine Stimme: "Kommst Du bitte her?" Zu meiner Überraschung folgt sie meiner Aufforderung. Wir stehen also erneut vor Rosen- und Holunderblüten.

Harte Hunde, Zaungäste und eine neue Kriegslist

Ich: "So, jetzt such Dir hier bitte was aus, wenn nicht, gehen wir jetzt!"

Bei all dem Hin- und Hergerenne am Regal haben wir natürlich längst "Zaungäste". Die einen bemitleiden mich, die anderen die Kleine, manche haben immerhin ein Schmunzeln auf den Lippen. Derartige Duelle sind in diesem Saloon wohl keine Seltenheit...

 

Nachdem ich also meine Drohung, wir würden gleich gehen ausgesprochen habe und sie mich völlig fassungslos ansieht, rennt sie zurück zum Objekt ihrer Begierde, ich mit dem Einkaufswagen bedröppelt hinterher.

 

Jetzt ist sie wieder am Zug: Der kleine Finger in Richtung Smartie-Joghurt gerichtet bringt mich die ultimative verbale Salve letztdenlich zur Strecke: "MAMA, sag' mal sprech' ich vielleicht chinesisch, oder was?"

Ich (völlig baff): "Nein"

Sie: "Ich will diesen Joghurt, keinen anderen!"

Mama rollt mit ihrem Einkaufswagen als klarer Verlierer vom Platz

Ich rolle mit meinem Einkaufswagen und dem siegreichen Bösewichtl als klarer Verlierer vom Platz und beginne den Anflug auf die Kassenzone. Noch bin ich nicht raus aus der Nummer: Links und rechts der Einflugschneise leuchten in prächtig-farbener Befackelung die Quengel-Stationen, äußerst geschickt von den Handelsmarketing-Experten platziert. Exakt jene Spezialisten übrigens, die vermutlich die Idee einer Kinder-Betreeungsecke von jeher verlacht und als umsatzschädigend in die tiefste und dunkelste Schublade verbannt haben.

 

Während rechts von uns die Pixie-Buch Schütte mit all den knuddeligen Figuren, die Kind eben lieb hat, auftaucht und auf 12.00 Uhr die Überraschungseier ins Blickfeld kommen, kombiniere ich blitzschnell und versuche die Aufmerksamkeit des kleinen Helden auf die einzig kinderproduktfreie Blickrichtung zu lenken.

Früh übt sich. In der Kassenzone kann man seine Einkäufe schonmal bestaunen.
Früh übt sich. In der Kassenzone kann man seine Einkäufe schonmal bestaunen.

Pferde in quietschendem Pink und mit avocadogroßen Augen

Doch auch das war ein Fehler, denn dahinter ist das Zeitschriftenregal und in einem nicht mehr zu überbietenden Pink leuchten aus der Distanz schon die Filly Fun Zeitschriften, auf denen Pferde mit lila Mähnen und avocadogroßen Augen abgebildet sind. "Ohhh, wieee süüüüß!", ruft mein Mini entzückt, und mit ebenso großen wie treuherzigen Augen fragt er mich: "Mama, darf ich?". Das macht meinen Geldbeutel nochmal um 3,99 € leichter und ich freue mich schon über das Augenrollen meines Mannes.

Fillys, Feen, Ü-Eier, Pixie-Bücher - von der Quengelzone auf das Kassenlaufband ist es ja nur ein Griff
Fillys, Feen, Ü-Eier, Pixie-Bücher - von der Quengelzone auf das Kassenlaufband ist es ja nur ein Griff

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